20. Oktober 2010

Liegerad vs. Rennrad - ein herbstliches Krätemessen auf THF

"Was war das denn?" - ungläubiges Raunen.
"Eine Rakete?" - offene Münder, verdrehte Hälse.
"Ein Carbon-Blitz?" "Ein Mensch-Maschine-Klon?" - das, und noch viel mehr, mögen sich die Spaziergänger und Drachenflieger letzten Sonntag gefragt haben, als ich mit meinem Berliner Freund Olli den Asphalt des ehemaligen Flughafens Tempelhof - der nun ein öffentlicher Park ist - getestet habe.

Olli im Lowracer M5 und stilechter Carbon-Heckverkleidung, ich, noch schwer gezeichnet vom vortäglichen Zeitfahrfiasko, auf meinem Cervélo R3 Rennrad.

Ready for Take-Off, hieß es, ich gehe in Untenlenkerhaltung trete rein. Die Startbahn vor mir, eine grandiose Kulisse, unbezahlbar, einzigartig: Wer nicht selbst Pilot ist, wird einen solchen Anblick höchst selten genießen dürfen.

Noch dazu, weil herrlichstes Herbstwetter in Berlin herrscht: Ein grandioser Himmel, die Skyline glänzt silbrig. Perfekt!

Gang rein und los!

Ich will es keineswegs auf meine zu diesem Zeitpunkt bescheidene Kondition schieben - denn meine Beine waren noch immer müde vom eisigen Gegenwind und penetranten Nieselregen des Zeitfahrens Hamburg-Berlin - aber ich habe nicht den Hauch einer Chance.

Logisch. Liegeräder, noch dazu ein so tiefes, speed-optimiertes wie das von Olli, noch dazu eines, das den Luftstrom durch die Heckverkleidung perfekt optimiert ohne bremsende Verwirbelungen am Gefährt vorbei lenkt, sind nunmal schneller.

Aber so schnell?!?

Atemlos sprinte ich mir die Zunge aus der Lunge. Olli ruft zu mir herüber: "48 km/h!".
Okay, leichter Gegenwind, die Start- und Landebahn von THF steigt leicht an.
Müde Beine.
48. Nicht übel.

Aber dann. Erst langsam. Dann schneller. Und schon kurze Zeit später nur noch als kleiner Punkt zu sehen, beschleunigt das Liegerad. Zieht stetig davon. Uneinholbar, no chance!

48 km/h? Normaler Cruise-Speed, würde ich sagen.
Mir brennt wieder der gesamte Körper. Gelassen kurbel ich den Rest der Landebahn bis zum Terminal. Olli dreht schon die zweite kleine Platzrunde.

Nach der großen Außenrunde auf dem nagelneuen Babyasphalt bin ich einfach nur fertig.

Olli schlägt vor, vielleicht noch "ein paar Runden innen zu drehen".

Ich schlage vor, dass ich ihm einen heißen Tee spendiere.

So sitzen wir noch etwas unter prachtvoll gefärbten Kastanien, fachsimpeln über Liegeräder, Rennräder, dieses und jenes und irgendwie vertreibt dieser überraschend sommerliche Herbstag erstaunlich effektiv die bittere Enttäuschung, die ich seit meiner Renn-Aufgabe am Vortag mit mir herum schleppe.

Gut gemacht!


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2 Kommentare:

  1. Fairerweise muss man dazusagen, daß ich tags zuvor erst gar nicht losgefahren bin bei HH-B, denn so ein Lowracer braucht auch auch optimale Bedingungen, damit man ihn wirklich ausfahren kann. Und in der Bergwertung gewinnst Du ganz sicher!

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  2. Tja, kenne ich doch irgendwo her....
    Beim Antritt so bis 25 / 30 km liegt man auf dem Normalen Renner meist noch vorne - nur - dann kommt plötzlich dies Bodenrakete angeschossen boah !!!!
    Bei mier ist dann so um die 46/47 km nach recht kurzer Zeit Schluß - die Ollirakete zischt dann noch fröhlich mit über 50 km weiter....
    KEINE CHANCE!!! Auch den Effekt mit der zweiten Rund kenne ich...
    Fazit: Geiles Geschoß bzw. tolle Mensch/Maschine Kombi...

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