7. Mai 2013

Una gara perfetta - beim Gran Fondo Dieci Colli 2013

Ich döse einen kleinen Tagtraum. Zufrieden pulsiert mir heißes Blut durch die Venen, die Waden brennen ein wenig - aber das ist gut so. Ich grinse leicht in mich hinein, die Sonne kitzelt meine Nasenspitze, obschon ich versuche, mich eher im Schatten des Vans zu halten. Hitze. Wahnsinnshitze. Ich bin verschwitzt, ab und zu zieht es frisch durchs Auto. Ach herrlich.

Mir stecken 150 Kilometer in den Beinen. Ich habe gerade den Gran Fondo Dieci Colli gewonnen.


Ausspannen nach dem Rennen - Herrlich im Schatten dösen.

Naja, was heißt "gewonnen"? Gewonnen hat ihn ein Russe namens Dimitri Nikandrov. Er braucht für die Strecke 4:15 Stunden. Das ist ein 37er Schnitt. Unfassbar. Ich selbst komme nach 5:41 Stunden ins Ziel - ein 27er Schnitt. Unbegreiflich, wie die auf einer so anspruchsvollen Strecke mit immerhin 2.580 Höhenmetern einen solchen Schnitt schaffen.

Anyway, denke ich mir, da vorn geht es eh mit komischen Dingen zu. Viel mehr freue ich mich, dass ich mir endlich mal wieder ein Erfolgserlebnis erbringen konnte: Ich war schneller als Flow.



Auch Flow ist gezeichnet: Der GF Dieci Colli ist kein Zuckerschlecken.

Der schaut mich ganz verdutzt an, als er etwa 20 Minuten nach mir zum Van kommt, schwer atmet, sich einfach nur auf die Sitzbank plumpsen lässt und den Puls versucht, ruhig zu bekommen: "Bist Du wieder die kleine Runde gefahren?!", fragt er ganz ungläubig. Nee, nicht, dass ich wüsste.

5:26 Stunden Nettofahrtzeit sagt mir mein Garmin.
5:46 Stunden Netto sagt das Garmin von Flow.

Wir sind noch am Rätseln, wann und wo ich ihn überholt haben könnte - denn weder ich noch er erinnern sich, das markante Solar-Trikot von SunClass Solarmodule gesehen zu haben, als wir den Siegerkakao und einige Liter Wasser aufgebraucht haben, trudelt dann auch endlich Ines ein.

Rot vor Hitze und Glück.


Ines braucht erstmal Wasser ...

"Jungs, ohne Scheiß ...", röchelt sie, "... das war das Krasseste, was ich je gemacht habe!" Naja, zustimmen würde ich dem nicht wirklich, da gab es schon noch so einige Rennen, die etwas mehr den Arsch aufgerissen haben, als dieses hier, aber ich muss ihr zustimmen: Der GF Dieci Colli ist etwas ganz Besonderes!

Zu Beginn: Fahrt durch den Nebelzauberwald

Das Rennen startet, wie jedes bisher gestartet ist. Mit einer Ausnahme: Ich bin etwas klüger. Da wir sehr niedrige Startnummern haben sind wir berechtigt, aus dem ersten Block - rund 300 Leute - zu starten. Flow stellt sich dazu. Aus meinen Erfahrungen - gerade mit den hastigen Anfangsphasen - aber weiß ich, dass gerade hier vorn gleich ein unglaubliches Tempo angeschlagen werden wird. "Ich fahre mich nie wieder kaputt, nur um 5 min eher am Berg zu sein", habe ich mir nach dem Gran Fondo Selle Italia (zum Bericht) geschworen.

Ines und ich stellen uns etwa in die Mitte des 2.500 Teilnehmer starken Feldes. Flow soll man vorn schön Gas geben ...


Es geht nach 19 Kilometern sofort in den ersten Anstieg.

Das Tempo ist moderat. Die ersten 10 Kilometer geht es mit einem leichten 40er-Schnitt los, wir verlassen Bologna und sind sofort im Grünen. Wenn ich links und rechts schaue, kann ich mich an saftigen, frischen Wiesen erfreuen, die Bäume schlagen aus, es duftet herrlich frisch - kein Vergleich zum nasskalten Regenwetter des Gran Fondo Selle Italia vor 2 Wochen.

Dann geht es auch schon bergan, wir werden langsamer, aber für 5 bis 7% Steigung noch immer recht schnell, wie ich finde. Ich fühle mich gut - übertreibe heute aber nicht, sondern kurbele schön im Peloton mit.


Die Sonne kommt langsam heraus, es wird wärmer.

Es ist ein prächtiges Wetter, das sich die Macher ausgesucht haben: Sobald wir die erste, immerhin 10, 11 Kilometer lange Steigung hinaufklettern, fahren wir kurz durch einen Regenschauer, der sofort wieder abtrocknet - leckerer Geruch! - um dann aus der Wolkendecke zu stoßen und im Tal unter uns die dichte, frische Nebelsuppe schwappen zu sehen.

Toller Anblick.

Alles an diesem Rennen scheint irgenwie Spaß zu machen: Die Anmeldung war so witzig und unkompliziert wie selten, der Startblock, meine Kollegen, nette, aufgeschlossene Italiener, die Englisch sprechen. Das Tempo nicht aberwitzig hoch, alle haben Bock auf dieses Rennen - und diese Freude spürt man.


Ein fantastischer Anblick.

Doch dann holt uns bald die Realität ein. "Dieci Colli" - das heißt "10 Berge" übersetzt. Und dieses Rennen will seinem Namen alle Ehre machen.

Im Anstieg - schwitzen und kurbeln

Ich habe längst schon Ines hinter mir lassen müssen. Am Berg sollte jeder sein eigenes Tempo gehen. Immer wieder überhole ich Mitstreiter - immer wieder aber ziehen auch Radrennfahrer an mir vorbei, einige drücken sich hier sogar auf dem großen Blatt (ihrer Kompaktkurbel) hoch.

Für mich ist das nix - wenn 10 von diesen Dingern kommen, will ich mich hier nicht gleich an der ersten Steigung kaputt fahren!


Noch ist das Feld dicht beeinander.

Die Steigung des ersten Berges ist nicht schwierig - es geht kaum über 10% steil hinaus, meistens können wir bei 8, 9 % kurbeln. Und so wundert mich meine Speed von knapp 14 km/h im Anstieg auch hinterher nicht. Die Zeit, die ich brauchen werde, ist mit etwa 20 Minuten denn auch nicht zu lang - ich ziehe noch schnell mein Langarmtrikot aus, ehe es in die erste Abfahrt geht.

Schon surren die Freiläufe, schon sprinten sich Einige frei, ich aber lasse rollen - denn in wenigen hundert Metern wartet ja schon Colli Nummer 2.


Über die Kuppe drücken und ab geht die Post!

Übermäßig lang und schnell ist die erste Abfahrt dann auch nicht. Laut Streckenprofil fahren wir nämlich nicht wieder bis ganz ins Tal, sondern fahren eine Art Bergkamm ab, immer wieder durchbrochen von einigen Anstiegen.

So gesehen ist "10 Berge" denn auch ein etwas irreführender Name - richtige Anstiege gibt es hier derer nur drei, aber die was heißt hier "nur" ...

Oben auf dem Bergkamm bieten sich wunderbare Ausblicke in die Emilia Romagna. Hier, rund um Bologna, sind Wein und Obst die Haupanbaudinge und, obschon die Weinstöcke noch sehr kümmerlich daherkommen, ich kann mir die Pracht vorstellen, wenn hier alles grünt und blüht.


Wälder und unberührte Täler - so macht das Spaß!

Wir erkraxeln Colli 2 und 3, die anschließenden, kurzen Abfahrten sind allesamt samtweich zu fahren. Zwar ist der Straßenbelag oftmals mehr als fragwürdig, dafür kaum engere Kurven, einsehbare, lange Geraden - man kann schön rollen lassen.

Beim dritten Aufstieg kommen kurzzeitig im Hintergrund Schnee bedeckte Gipfel in Sicht - ob wir da auch rübermüssen? Ich freue mich nun, mein Langarm dabei zu haben: "Das werden heute mehr als 25 Grad, Alter, das brauchste nicht!", hatten sie am Start noch gelästert.


Schnee! Schnee! Ob es da auch hoch geht?

Ich kann mich an dem Anblick gar nicht satt sehen: Schon werde ich erinnert an meine großartige Tour de France 2011 mit Flow, an die tollen Alpenrennen wie den Dreiländergiro oder den Ötztaler Radmarathon, die ich 2012 fahren konnte.

Zu sehr darf ich allerdings nicht abschweifen: Noch immer ist das Feld recht dicht beieinander und die kurzen, knackigen Abfahrten fordern all meine Konzentration.


Der Schein trügt: Es macht richtig Spaß!

Die ersten 5 Colli meistere ich ohne weitere Probleme: Kurz wird es ab und zu einmal steil, dann kann ich allerdings trotzdem noch immer eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 12, 13 km/h am Berg halten - Kompaktkurbel sei Dank.

Irgendwo hier ist es dann auch, dass ich Flow überhole. Wahrscheinlich bei einer der Labestationen: Die erste lasse ich gleich links liegen und halte gar nicht an, bei der zweiten stoppe ich kurz, um meine Wasserflaschen wieder aufzufüllen und mich am Büfett zu laben: Eine echte Wohltat!

Lecker essen beim Tusch - und zweite Rennhälfte

Als ich gerade so die letzten Schlucke des alten Wassers trinke, knallt es hinter mir so gewaltig, dass ich mich fast anspucken muss. Terroranschlag? Autounfall? Nee, nur eine Kapelle. Aber da sind sie wieder, die Italiener - für sie ist dieses Rennen einfach ein wunderbarer Anlass, um all das Schöne herauszuholen und zu zeigen, was sie zu bieten haben.


Und so kann ich nicht nur aus einer großen Auswahl frischen Obsts wählen - Bananen, Blutorangenviertel, frische Erdbeeren und (äh, okay ...) frischen Zitronen - sondern auch 4 (!) verschiedene Salamis probieren, warmen Kalbsbraten zwischen frischen Piadine kosten oder mannsdicke Blutwurstscheiben schmökern.

Weiter rechts gibts dann noch Rotwein für die ganz Harten. Aber das sind dann auch die, die mit einer 8 Stunden-Zeit finishen ...

Kurz nach der Labe geht es wieder in die Abfahrt - und kurz darauf in den zweiten langen Anstieg.


Das Rennen hat keine 10 Berge, eher drei. Und die Planer dieses Rennens haben sich eine tolle Streckenführung ausgedacht. Nicht nur, dass sich die Landschaft der Emilia Romagna hier hinter jeder Kurve eindrucksvoller präsentiert - die Strecke wird auch immer schwerer.

Gran Fondo Dieci Colli - zweiter Teil

Ich werde fast eine halbe Stunde für den zweiten längeren Anstieg benötigen. Das Feld entzerrt sich immer weiter, auch Dank der Superlabestation, und so habe ich etwas mehr Zeit, mir meine Mitstreiter anzuschauen.


Es geht wieder steil: Zeit zum Umgucken.

Viele von ihnen habe ich seit dem Start an meiner Seite. Da ist der Eine, der mit seiner Freundin hier fährt, der mir im Flachstück immer gern mal davon fährt, den ich aber in den Steigungen regelmäßig einhole. Ein kleiner, kompakter, gedrungener Italiener, braun gebrannt, das Rennrad perfekt geputzt.

Oder die beiden Jungs in den Astana-farbigen Kombinationen. Einen von ihnen werde ich bis 10 km vor das Ziel begleiten, bevor mir wieder die Kette abspringen wird und ich den Anschluss an die Gruppe verliere.

Es wird kaum noch gesprochen im Peloton - die Speed ist hoch und so versucht jeder, nicht zu langsam zu werden. Was mich wundert: Bolzen die hier heute nicht so sehr, oder bin ich einfach nur besser in Form?


Der Kollege in den Astana-Farben. Start-Ziel-Begleitung.

Ich fühle mich heute super. Als ich hier an den Start gehe habe ich knapp schon 10.000 Höhenmeter und 550 Kilometer in den Beinen. Nichts Weltbewegendes - andere in meinem Bekanntenkreis sind da schon über die 2.000 km gefahren - und doch, für mich reicht es: Meine Beine sind frisch, drehen sich in gewohnt hoher Kadenz und das beste ist, ich kann ruhig bleiben.

Taucht vor mir wieder eine der Steigungen auf (werden die eigentlich immer steiler?), kann ich nur in mich hineingrinsen: Leute, ich fahre morgens vor dem Frühstück 1.000 hm bei 16 % am Waseberg. Eure 11 % ... bitte, da müsst Ihr Euch aber noch was einfallen lassen ...


Bergauf: Heute mehr Spaß denn Qual.

Nach dem Anstieg und einem weiteren, kurzen Berg (wieviele Colli habe ich schon? 7? 8?) folgt dann die Königsabfahrt. Ein Träumchen. Oben noch auf sehr schlechtem Belag, unten dann rasant auf lang gezogenen Kurven, kann ich mal so richtig schön rollen lassen.

Was mich wundert: Die Italiener fahren sehr verhalten. Eigentlich bin ich immer der, der in den Abfahrten überholt wird (63 Kilo Lebendgewicht), aber hier und heute zocke ich Einen nach dem Anderen ab, werde selbst nur ein, zwei mal im ganzen Rennen überholt.

Was ist los? Sind die so langsam oder ich wiederum besser?


Heute kann ich auch bergab punkten.

Flow bestätigt mir später meinen Eindruck: Auch er berichtet von übervorsichtigen Abfahrern, kaum Highspeed-Manövern und wenig Risikobereitschaft. Aber auch davon, dass es bei ihm "fast geklappt" hätte: An einer der Stellen, und es gibt ein paar davon, verbremst er sich und kann nur mit Not einen Sturz verhindern - witzig, dass gerade an dieser Stelle ein Sportograf wartet ...


Flow out of control

Wir beenden die Schussfahrt, indem die Straße abrupt bei etwa 50 km/h in einer Rechtskurve in eine Einfahrt mündet - und man unvermittelt in eine 14 % steile Mauer rast. Ich sehe diese erst im letzten Moment, kann gerade noch so meinen Lenker fester greifen (der Belag wird sehr sehr schlecht) und versuche, wenigstens vom großen Blatt zu schalten ... überdrehe, die Kette springt ab. Stehenbleiben.

Meine Gruppe saust an mir vorbei, entschwinden in der Steigung.

Schlussakkord mit Solofahrt und Sprinteinlage

"Verdammte Sauzucht!", fluche ich und fingere hastig die Kette aufs Blatt zurück. Doch die dreht sich nicht. Beim Kurbeln habe ich das Leertrum zwischen Blatt und Strebe verkeilt und bekomme das jetzt nicht frei. Ich fuhrwerke zwei, drei Minuten herum, saue mir alle Hände und Klamotten ein, bis ich endlich wieder auf dem Renner sitze.

Anfahren bei 14 % im hohen Gang. Macht Spaß.


Alles blüht und grünt - Frühling in der Emilia Romagna.

Dann geht es schnell aber wieder. Ich habe mich eingegrooved und kann wieder ordentlich kurbeln. Meine Mitfahrer vorn freilich sind uneinholbar entschwunden. Dafür treffe ich ein paar Bekannte wieder, die ich bei der Labe habe stehen gelassen.

Was die Streckenbauer nun für uns haben, ist richtig hart.


Kurz & fies: Der Dieci Colli ist zum Ende hin echt anspruchsvoll!

Die Selektion findet auf den letzten der Colli statt. Diese werden immer kürzer - keine 2.000 Meter Länge mehr - aber dafür umso steiler. Nichts selten stehen jetzt 15, 16 und manchmal auch 17 % auf meinem Garmin, immer mehr muss auch ich nun auch aus dem Sattel gehen, um mich die Steigungen empor zu schrauben: Harte Arbeit bei Kilometer 120!


Jetzt lohnen sich die Waseberg-Trainings.

Der Schweiß läuft in Strömen, sie hängen hier an den Flaschen wie Verdurstende in der Wüste. Es ist ein wunderbarer Anblick: Und doch - Hoffnung blitzt in ihren Augen auf. Da, da hinten, da muss doch gleich Bologna kommen? Ist doch nicht mehr weit ...?

Die Ersten beginnen, in den Rampen abzusteigen.


Die letzte Rampe geht noch mal so richtig steil rein!

Elf Minuten werde ich für den letzten Colli benötigen - elf Minuten, die mir wie die Ewigkeit vorkommen. Kein Baum, der mehr Schatten spenden mag, keine Labe, in deren frischen, süßen Orangen ich meine Zähne vergraben kann - dafür flirrende Hitze über schmelzendem Asphalt, röchelnde Lungen und brennende Waden.

Ein Sonnenbrand beginnt Schenkel und Oberarme zu röten.
Immer öfter überhole ich die armen schiebenden Teufel.

Und doch: Da hinten, da, da muss doch schon Bologna sein ...?!


Sie fangen an zu schieben.

Die ganz steilen Stücke lässt uns wie eine bunte Zieharmonika zusammen kommen. Dann klackern und rattern die Ketten auf die kleinen Blätter und größten Ritzeln, dann gehen wir aus den Sätteln und arbeiten und knarzend nach oben. Rechts scheren die aus, die nichts mehr beizutragen haben, auf die baldige Abfahrt hoffend, vor und hinter uns, verbissene Gesichter hinter dreckverschmiertem Schweiß versteckt blinzeln zusammengekniffene Augen durch Spiegelbrillen.

Ein Gladiatorenhaufen sondergleichen.


Letztes Steilstück - wir sammeln uns für die Zielabfahrt.

Hier in der Steigung treffe ich dann auch auf das italienische Mädel, mit dem ich bis kurz vor die Ziellinie fahren werde. Ich hole sie ein, hefte mich am Anstieg an ihren Hintern, in den Abfahrten kommt sie in meinen Windschatten.

Oben auf der Kuppe springt mir erneut die Kette ab. Ich verliere etwas Zeit, sitze aber wenig später wieder im Sattel. Das Profil kenne ich - ab jetzt geht es nur noch mit 3, 4, 5 % bergab bis ins Ziel. Zwar weht ein Gegenwind, aber die Hangabtriebskraft sorgt für hohe Speed. Allein trete ich rein. Ich fliege durch den Wald. Ich beiße meine Zähne zusammen und hole alles raus, was geht. Wundere mich über mich selbst: 140 Kilometer und 2.580 Höhenmeter in den Waden und jetzt noch mit 37 bis 45 km/h alleine durch die Kante polken?

Da fahre ich auf einmal hinter einer Kurve auf meine italienische Dame, die von drei Kerlen begleitet wird auf. Ich hänge mich an sie ran, es geht leicht bergauf, dann wieder rasant bergab. Wir geben Gas - ich ganz hinten.
Mein Vordermann dreht sich immer wieder um, checkt mich ab. Vor ihm die Dame, davor zwei Typen. Die Typen machen richtig Ballett und setzen sich, als wir aus dem Wald kommen, schnell von uns ab. Wir können das Tempo nicht mitgehen, lassen abreißen.

Da waren es nur noch drei. Das Mädel führt kurz, geht dann nach hinten. Dann geht auch der Typ raus - ich vorn. Okay, denke ich mir, und polke rein. "Ultimo Chilometro" steht dann auf einmal da - letzter Kilometer.

Ich ziehe an, gebe alles. Im Augenwinkel merke ich, dass der Typ und die Dame abreißen lassen. Ha!, denke ich, alleine durchs Ziel! Strenge mich an, trete, arbeite - wie lang sind eigentlich scheiß 1.000 Meter?!? - und dann endlich, die Zielgerade - als aus dem Windschatten plötzlich unvermittelt ein Lutscher an mir vorbeistößt, ins Ziel sprintet und mit 10 Metern Vorsprung gewinnt.

So also fühlt sich das an ...


Kurz vor dem Ziel: Der Lutscher greift an.

Ich gräme mich nicht: Oft genug bin ich der Lutscher (obwohl ich auf diese Art niemals ein Rennen "gewinnen" wollen würde) und heute war es halt ein anderer. Ich rolle durchs Ziel und bin einfach nur zufrieden: Ich habe heute wunderbar funktioniert, endlich scheint der Knoten geplatzt, die Beine wieder auf altem Niveau.

Keine Schmerzen, keinen Tiefpunkt, keinerlei Probleme - bis auf die Kette. Und umso größer die Freude, es mal wieder vor Flow ins Ziel geschafft zu haben, dessen Fitness und Dominanz mir fast schon Angstträume verursacht haben.

Ich bin auf dem richtigen Weg mit meinem Training, das bestätigt sich nun - und gibt Hoffnung und Motivation für die nächsten Rennen.


Und so fahren wir Drei wieder in unsere Hotel zurück und können es nur einstimmig bejaen: Der Gran Fondo Dieci Colli war eines der schönsten Rennen, die wir bisher gefahren sind, vielleicht neben der La Leggendaria Charly Gaul und dem Gran Fondo New York das beste bisher.

Eine ganz tolle Atmosphäre herrscht hier - die Umgebung ist ein einziges Blütenmeer voller betörender Gerüche und Düfte - die Strecke ist ein schwerer Hammer (nicht allzuschwer aber überraschend hart für nur 150 km Distanz) und die Leute sind einfach nur freundlich und toll.
Reisetipp für alle, die mal einen richtig schönen waschechten Gran Fondo erleben möchten.

Ich bringe es auf Platz 666 von 1.300 Startern. Ein gutes Ergebnis, wie ich finde. Aber das Beste daran ist: Ich bin back on track.


Hier geht es zu meinen Garmin-Daten des Gran Fondo Dieci Colli 2013

7 Kommentare:

  1. Naja, wer so früh in den Zielsprint geht... :D
    Selbst Tim Krabbe meinte schon vor 35 Jahren:"Atakiere so spät wie möglich, aber vor den anderen!".

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. gesprintet ist der typ, ich wusste bis 100 m vor dem ziel gar nicht, dass der hinter mir ist. ich hab einfach nur durchgezogen, weil ich von dem mädel weg wollte.

      "attacke" schreibt sich übrigens so ... :-P

      selbst wenn, ich hätte eh keine kraft mehr für irgendwas gehabt. war trotzdem sehr geil, das rennen.

      Löschen
  2. Glückwunsch zum guten Abschneiden....die morgendlichen Runden scheinen ja wirklich zu funktionieren...Respekt!
    Und wie immer sehr spannend geschrieben.

    Klaus

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. moin klaus,
      jo, alles zusammen scheint zu funktionieren.
      danke fürs lob...
      ride safe, L

      Löschen
  3. Hab´s eigentlich noch korrigiert. Lege da echt Wert drauf. Naja...

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. noprob, hab ja selbst öfters mal tippfehler...

      Löschen
  4. Klasse Bericht, einfach nur geil.
    Hätte ich auch Bock drauf auf so ein schönes Rennen.

    Grüße aus Waseberg. ;)
    Trainiert ihr nur geschlossen oder?

    AntwortenLöschen